#21 Auf der Suche nach der Leidenschaft oder warum auch eine 42 mal über sich hinaus wächst! #wingsforlife

23. August 2017! Über drei Monate nach dem Wings for Life World Run in München schreibe ich nun bereits zum dritten Mal diesen Blog. Zu emotional erschienen mir die ersten beiden Versuche. Gerade nochmal durchgelesen. Nein. Das kann ich so nicht veröffentlichen. Das ich zu viel nachdenke und sich zu viel im Kopf abspielt, weiß ich selber am besten. Aber das möchte ich nicht mit der Öffentlichkeit teilen. Und dennoch – auch wenn der Lauf mittlerweile weit zurückliegt – es ist mein bisheriges Highlight aller Wettkämpfe und Sportevents, die ich auf meinem Weg bestritt. Ich habe sie wieder zu spüren bekommen – die Leidenschaft! Die Leidenschaft, die mich zum zu emotionalen Schreiben bewegte. Die Leidenschaft, die mir beim Triathlon abhanden gekommen ist. Die Leidenschaft, die mich immer wieder aufs Neue motiviert. Beim Triathlon spüre ich sie echt nicht. Jeder Marathon hat bisher für Gänsehaut gesorgt. Für pures Adrenalin. Triathlon macht Spaß. Gerade das abwechslungsreichere Training. Aber im Wettkampf wirkt dann durch die ewig lange Vorbereitung und die hektischen Wechsel alles irgendwie gestresst. So richtig will die Stimmung da nicht aufkommen. Am 07. Mai 2017 in München war sie auf jeden wieder da.

Am 03. Mai 2015 & 08. Mai 2016 saß ich jedenfalls stundenlang vor Laptop und sah mir den Livestream des Wings for Life World Run an. Ein Charity-Lauf, bei dem es keine Ziellinie gibt. Weltweit gehen zur selben Uhrzeit Läufer in verschiedenen Ländern an den Start. Überall unterschiedliche Bedingungen. Durch Wüsten. Mitten in der Nacht mit Stirnlampen. Im strömenden Regen. Durch Gebirge. Durch Wälder. An der Küste entlang. Eine halbe Stunde nach Startschuss startet in jedem der teilnehmenden Ländern das sogenannte Catcher Car mit 15 km/h und erhöht seine Geschwindigkeit in vorgeschriebenen Zeitintervallen auf die nächste Geschwindigkeitsstufe. Nach und nach überholt das Auto die Läufer und scannt deren Startnummer ab. Das Rennen ist für diese in genau diesem Moment beendet. Es gibt in diesem Sinne keine Ziellinie, was jeden Läufer über seine Grenzen hinaus gehen lässt. Der Läufer, der weltweit am längsten auf der Strecke bleibt, gewinnt den Lauf. Umgekehrt als es also sonst der Fall ist. Dieses Konzept faszinierte mich beim Schauen des Streams, so dass mir klar war da irgendwann einmal selber an den Start gehen zu müssen. Dieses Jahr war es dann so weit…

Zehn Lauf-KulTouristen entschieden sich nach München zu reisen und einen 4-tägigen Kurzurlaub Nähe Starnberger See draus zu machen. Sowas lass ich mir nicht zwei mal sagen.

Mein Ziel stand: mein erster Ultralauf über 50 km! Dafür brauchte ich ein Durchnittstempo von 4:15 min/km. Beim Frankfurt Marathon rannte ich die 42,195 km in 3:45 min/km. Aber die Überdistanz jagte mir großen Respekt ein. Die Vorbereitung lief ähnlich dem Marathon-Training mit zwei grundlegenden Änderungen. Ich wollte zwei Trainingsläufe über mindestens 42 km einbauen. Und die Einheiten waren gesamt etwas länger und langsamer. Gerade der letzte Punkt war nicht ganz einfach für mich.

Am 26. März 2017 wurde die Zeit wieder auf Sommerzeit umgestellt. Jedes Jahr ein Fest für mich, da ich die Wintermonate einfach nicht mag. Ich brauche den Frühling. Die Sonne. Die Wärme. Und überhaupt. Auf jeden Fall war an dem Tag ein 30 km Lauf geplant aus dem letztlich ein 42,2 km langer Trainigslauf wurde. 🙂 Mein erster Marathon im Training bei herrlichem Frühlingswetter. 3:10 Stunden und 4:31 min/km zeigten, dass ich meine Form nicht verloren hatte. Das war der Anfang einer langen, spannenden Trainingsperiode, nach dem ich mit meinen 10-km-Wettkämpfen trotz zweifacher persönlicher Bestzeit nicht zufrieden war. Der zweite ü42-km-Lauf fand beim Bleilochlauf über 48 km statt, über den ich bereits berichtete. Auch die sonstige Vorbereitung lief perfekt. Ich hielt mich an meine Vorgaben und war auf den Punkt genau fit.

Da der Wettkampf nun doch schon bisschen zurückliegt, möchte ich den Bericht einfach aus meiner vorherigen Fassung kopieren, da ich den emotionalen Teil nun komplett umgeschrieben habe 🙂 – dadurch kann es aber sein, das nicht mehr alles aktuell ist, gerade in Sachen Triathlon in Moritzburg & Gera. Sollte es dahingehend Probleme geben, bitte direkt bei meinem Anwalt melden! 😀

„Zwei Tage vor dem Wettkampf reisten wir nach Bayern. Unsere (un)ruhigen Nächte verbrachten wir im Schloss Mörlbach, welches eine Mischung aus prunkvoller Vergangenheit, Überraschungen, Abenteuer und Aktmalerei aufzuzeigen hatte. Es war…geheimnisvoll! Das passte doch auch irgendwie zu dem bevorstehenden Laufevent. Geheimnisvoll, abenteuerlich und sicherlich voller Überraschungen. Das Wetter war am Freitag und Samstag überragend. Trocken. Sonne. 20 Grad. Dies lies uns am Samstag nach Abholung der Startunterlagen im Olympiapark München dann auch auf die Idee kommen, das erste Freiwasserschwimmen der Saison zu absolvieren. Der Starnberger See lag nur wenige Kilometer von „unserem“ Schloss entfernt. Bei heißen 9 Grad ging es dann auch direkt ab. Da ich mich gegen die Mitnahme eines Neoprenanzuges entschied, war meine Armfrequenz beim Kraulschwimmen dann auch etwas höher. Sollte ich dies in den Wettkämpfen genauso fabrizieren, dann dürfte ich in Gera und Moritzburg definitiv als Erster aus dem Wasser kommen. :D“

Da hörte ich dann bei beiden Versuchen des Schreibens jeweils auf, weshalb ich den Lauf jetzt noch versuche kurz zusammenzufassen. Am 07. Mai 2017 änderte sich das Wetter dann auf jeden Fall schlagartig. 11 Grad. Dauerregen. Kalt. Nass. Keine Top-Bedingungen um 50 km zu absolvieren. Aber was solls. Man kann es sich eben nicht aussuchen. Start 13 Uhr im Münchner Olympia-Stadion mit 9.999 anderen Chaoten. 😉 Start in der ersten Reihe. Raus aus dem Stadion. Raus aus München. Aller 5 km standen Shuttle-Busse bereit, die die bereits ausgeschiedenen Läufer wieder zum Start bringen sollten. Ab km 50 wurde jeder Läufer persönlich von einem Kleintransporter abgeholt. Mein Ziel! 😉 Auf der Strecke war es abwechslungsreich. Waldboden. Schlamm. Großteil Bundesstraßen. Viele Schafe. Einige haben es ja auch in die TV-Übertragung geschafft. 🙂 Ich selber hatte an dem Tag stark mit mir selber zu kämpfen. Am Vortag habe ich innerhalb von zwei Stunden über 600 Gramm Zucker zu mir genommen – 2x 100 Gramm Schoko-Tafel + 2 Ltr Cola + 400 Gramm Packung Discounter Mars-Riegel! Ja, ich und Süßigkeiten. Wir werden uns wohl nie trennen können! 😀 Auf jeden Fall musste ich auf den ersten 20 km bereits zweimal auf Toilette. Nicht nur, dass ich dadurch über zwei Minuten einbüßte. Ich musste auch meine tolle Gruppe verlassen, die aus etwa 25 Leuten bestand und genau mein Tempo liefen. Rankämpfen war nicht mehr möglich, weshalb ich ziemlich schnell allein unterwegs war, trotz 10.000 Startern. Aber da musste ich nun eben durch. Kämpfen! Kämpfen! Und nochmals kämpfen! Der starke Gegenwind machte das alles nicht besser und kostete enorme Kraft. Bis Kilometer 30 hatte ich tatsächlich so meine Zweifel, die 50 km jemals erreichen zu können. Doch dann kam ich ins Rollen und konnte auch endlich in meinem Tempo durchlaufen. 🙂 Kilometer 42,195 erreichte ich bei 2:58 Stunden. Ich war also genau in meinem geplanten 4:15-min/km-Schnitt. Bei km 50 machte ich einen kurzen Sprung und freute mich riesig mein Ziel gepackt zu haben. Nun setzte sich nochmal Adrenalin frei und ich rannte um mein Leben, um nicht vom Catcher-Car eingeholt zu werden. Schließlich wollte ich jetzt mehr und das Optimum herausholen. Ein Kampf gegen den Wind und die Erschöpfung meines Körpers. Außerdem ging es seit dem 35. Kilometer stetig bergauf. Nach 3:48 Stunden wurde ich letztlich erlöst. Das Auto fuhr an mir vorbei! 53,9 km!!! Das war weitaus mehr als erwartet. 10. Platz in Deutschland von 10.000 Startern. Unter den Top200 weltweit. Ein Riesenerfolg!

Die Rückfahrt war dann auch nochmal eine Riesenerfahrung für sich, da nun die Top15 in dem Bus saß. Wir fuhren solange hinter den Läufern her, bis auch der Erstplatzierte ausschied. Sebatian Hallmann mit 68,5 km war der Sieger in München. Insgesamt saßen sowieso einige berühmte Experten im Bus. Ehemaliger Pacemaker der Hahner-Twins, Asics-Frontrunner, Trainingspartner von Sabrina Mockenhaupt, Sieger Wings for Life Darmstadt aus dem Vorjahr. Ich kam mir irgendwie verloren vor. 😀 Mittlerweile hatte ich sogar ein richtig schlechtes Gewissen, da ich wusste, das die anderen neun Leute noch auf mich warteten und wahrscheinlich schon komplett durchgefroren waren. Ich wollte nur schnellstmöglich ins Ziel zurück, da ich wusste, dass von den 10.000 Startern viele schon seit Stunden abgereist waren und es eben bei 11 Grad und Dauerregen auch nicht angenehm sein würde, ewig warten zu müssen. Wir waren nach meinem Ausscheiden bei km 53,9 noch fast 2,5 Stunden unterwegs, bis wir wieder im Stadion waren. Und tatsächlich – es war mittlerweile fast komplett leer. Aber zum Glück waren die Anderen alle noch gut gelaunt! 🙂 Und jeder war auf seine Weise überglücklich bei diesem Lauf dabei gewesen zu sein. Jeder hatte was anderes zu berichten und ich war einfach direkt komplett überfordert. 🙂

Mit drei Monaten Abstand zu schreiben hat Vor- und Nachteile. Die ersten Fassungen konnte ich nicht veröffentlichen aufgrund zu vieler Emotionen. Beim jetzigen Schreiben fehlen dafür einige Emotionen – und dennoch musste ich diesen Blog nochmals Schreiben und veröffentlichen, da er mir vieles aufgezeigt hat!

Meine Leidenschaft liegt im Laufen! Triathlon ist schön. Triathlon macht Spaß. Aber mehr auch nicht. Die Leidenschaft fehlt da. Und beim Laufen kann ich noch vieles erreichen. Gerade im Ultra-Lauf. Bleiloch & Wings for Life haben gezeigt, zu was ich in der Lage bin, wenn ich da weiter dran arbeite. Mein Wille und Ehrgeiz sind riesig. Ich kann kämpfen. Ich kann beißen. Diese Distanz war hart. Aber ich weiß, das ich noch mehr kann. Und die Emotionen waren – wenn auch nicht im Blog beschrieben – riesig! 🙂 72-km-Rennsteig-Lauf. 100-km-Straßenlauf. Das sind Ziele, die seit München zum Greifen nahe sind. Triathlon werde ich auch weiterhin in Angriff nehmen. Zumal ich auch unbedingt noch einen Iron Man absolvieren möchte. Aber eben nicht in der Intensität und auch nicht mit einer Topzeit, die sowieso wegen Schwimmen und Rad nicht möglich sein würde. 😉

So. Nun aber. [diesen Blog kann ich getrost veröffentlichen – ohne meine persönlichen Momente mit erwähnt zu haben ;)] Manchmal sind aller guten Dinge zum Glück drei und nicht 42! In diesem Sinne – Sport frei!